Russischer Staatssender berichtet über die “Kanzlerakte”

10. Februar 2015 (quer-denken)

Der russische Staatssender “Erster Kanal” berichtet in Rußland über die sogenannte “Kanzlerakte”, einen geheimen Staatsvertrag zwischen USA und BRD, nach dem angeblich jeder deutsche Kanzler einen geheimen Unterwerfungsvertrag gegenüber der USA unterzeichnen muß. Außerdem geht es um die fehlende Souveränität Deutschlands, die Spionage der NSA und den Abhörskandal von Merkels Handy, die von den USA kontrollierten deutschen Medien und um deutsche Goldreserven, um das Buch von Gerd-Helmut Komossa “Die deutsche Karte”, und auch um das Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP und den Ukraine-Krieg … also einmal voll eingeschenkt.

gelöscht – wieder neu eingestellt am 08.10.2016

Das wirklich Interessante bei dieser Sendung ist weniger, ob das alles genau so stimmt. Über die so genannte “Kanzlerakte” kann man sehr kontroverser Meinung sein. Wirklich wichtig ist, DASS es in Rußland gesendet wird. Was dem russischen Volk auf diese Weise deutlich gemacht wird ist, daß die Politik der deutschen Regierung weniger mit dem “Willen des Volkes” zu tun hat, sondern mehr mit den Befehlen aus Washington. Daß den Deutschen ihre Souveränität seit dem Zweiten Weltkrieg nie wiedergegeben wurde. Daß das deutsche Volk vielleicht gar nicht so denkt, wie die Regierung.
Und das trifft ja zu.
Es zeigt aber auch deutlich, daß die russische Regierung – sprich Putin – keine Hetzpropaganda gegen Deutschland und das deutsche Volk macht. Ganz im Gegensatz zum Westen, der uns das Feindbild des “bösen, aggressiven Russen” auf’s Auge drücken will.

Übrigens erfahren wir aus diesem Video, daß Frau Merkel ihre Ausbildung an der polytechnischen Oberschle in Donezk absolviert hat. Interessant! Und nun schaut sie ungerührt zu, wie die Menschen dieser Stadt, in der sie jahrelang gelebt hat, bombardiert werden.

Zur Kanzlerakte (Auszug aus dem Artikel von Oliver Janich in Compact):

Kein Geringerer als Egon Bahr bestätigt, dass ein Schriftstück existiert, das tatsächlich jeder Kanzler unterschreiben muss. In einer Serie von Zeit Online mit dem Titel »Mein Deutschland« (Teil 9) schreibt er am 14. Mai 2009 über ein Ereignis, das sich im Herbst 1969 nach Willy Brandts Vereidigung als Bundeskanzler zugetragen hat: Brandt war wichtig, zu berichten, was ihm »heute passiert« war. Bahr erinnert sich: „Ein hoher Beamter hatte ihm drei Briefe zur Unterschrift vorgelegt. Jeweils an die Botschafter der drei Mächte – der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Großbritanniens – in ihrer Eigenschaft als Hohe Kommissare gerichtet. Damit sollte er zustimmend bestätigen, was die Militärgouverneure in ihrem Genehmigungsschreiben zum Grundgesetz vom 12. Mai 1949 an verbindlichen Vorbehalten gemacht hatten. Als Inhaber der unkündbaren Siegerrechte für Deutschland als Ganzes und Berlin hatten sie diejenigen Artikel des Grundgesetzes suspendiert, also außer Kraft gesetzt, die sie als Einschränkung ihrer Verfügungshoheit verstanden. Das galt sogar für den Artikel 146, der nach der deutschen Einheit eine Verfassung anstelle des Grundgesetzes vorsah.“

Bahr berichtete weiter: „Brandt war empört, dass man von ihm verlangte, ,einen solchen Unterwerfungsbrief‘zu unterschreiben. Schließlich sei er zum Bundeskanzler gewählt und seinem Amtseid verpflichtet. Die Botschafter könnten ihn wohl kaum absetzen! Da musste er sich belehren lassen, dass Konrad Adenauer diese Briefe unterschrieben hatte und danach Ludwig Erhard und danach Kurt Georg Kiesinger (…) Er schloss: ,Also habe ich auch unterschrieben‘ – und hat nie wieder davon gesprochen.“

Laut Bahr erlangte die Bundesrepublik ihre Souveränität erst mit den Zwei-plus-Vier-Verträgen im Zuge der Wiedervereinigung. Das ist unter Juristen – nicht in den Medien – aber durchaus umstritten. Schließlich rückte Bahr erst jetzt mit der Sprache über die geheimen Schriftstücke heraus. Bis dahin ging jeder davon aus, dass Deutschland souverän war. Selbst Bahr weist später darauf hin, dass Deutschland erst dann eine Verfassung hat, wenn das Volk darüber abstimmt:

Der Artikel 146 aus dem Jahre 1949 ist 1990 ergänzt worden: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

Zu dem im Internet kursierenden Dokument “Kanzlerakte”:

Die Kanzlerakte, die im Internet kursiert (siehe unten), ist definitiv eine Fälschung.

Den unterzeichnenden „Staatsminister Dr. Rickermann“ gab es nie; das angebliche BND-Dokument hat keinen BND-Briefkopf; außerdem wurde der BND erst 1956 gegründet, das Dokument soll aber von 1949 stammen. Man beachte die Rechtschreib- und Tippfehler. Auch der frühere MAD-Chef Gerd-Helmut Komossa, der die „Kanzlerakte“ in seinem Buch Die deutsche Karte (Ares-Verlag, 2007) weiterverbreitet hat, ruderte später zurück: „Auch heute weiß nicht, ob es echt oder Fälschung ist. Letzteres ist zu vermuten.“

Die »Kanzlerakte« soll ein geheimes Papier sein, das die jeweilige Regierung der Bundesrepublik Deutschland zwingt, im Sinne der Alliierten zu handeln, deren Version vom Ablauf des Zweiten Weltkrieges zu verbreiten und ihnen die Medienhoheit bis zum Jahr 2099 zu sichern. Jeder Bundeskanzler habe dieses Schriftstück, das ein Teil eines geheimen Staatsvertrages vom 21. Mai 1949 sein soll, nach dem Ablegen seines Amtseides unterzeichnen müssen.

Es gibt keine Beweise dafür, dass es eine Akte mit genau diesem Inhalt gibt.

Vom Nutzen des Waffenstillstands

KIEW/BERLIN
(Eigener Bericht) – Deutsche Außenpolitiker stellen eine Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland zur Debatte. Angesichts der neuen Eskalation der Kämpfe im Osten der Ukraine werde man „leider über schärfere Sanktionen reden müssen“, erklären mehrere Vertreter der transatlantischen Fraktion im deutschen Polit-Establishment. Die jüngste Eskalation in Donezk und Mariupol, für die Berlin umstandslos die ostukrainischen Aufständischen oder gar Moskau verantwortlich macht, folgt auf Mobilmachungs- und Aufrüstungsschritte der Kiewer Regierung, die Beobachtern zufolge auf eine bevorstehende groß angelegte Militäroffensive schließen lassen. Kiew leitet zudem die langfristige Militarisierung des Landes in die Wege: Jugendliche und sogar Kinder sollen in Zukunft nicht nur eine „national-patriotische Erziehung“ durchlaufen, sondern in der Schule auch „den Umgang mit Gewehren und der Kalaschnikow lernen“. Das Europaparlament hat vor wenigen Tagen die Lieferung von „Schutzwaffen“ an die Ukraine ausdrücklich befürwortet; Berlin hat derartige Ausfuhren bereits im vergangenen Jahr genehmigt. Ergänzend zur Ausweitung des militärischen Konflikts bereitet Brüssel nun auch eine umfassende Propagandakampagne vor.
Sanktionen auf der Tagesordnung
Mehrere Außenpolitiker der transatlantischen Fraktion des deutschen Polit-Establishments stellen eine Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland zur Debatte. Anlass ist die erneute Zuspitzung der Kämpfe in der Ostukraine und insbesondere der jüngste Beschuss der Hafenstadt Mariupol. Die Schuld an der Eskalation wird umstandslos und ohne nähere Begründung Moskau zugeschrieben. Brüssel dürfe „die aktuelle Eskalationspolitik des Kremls nicht unbeantwortet lassen“, erklärt der außenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Omid Nouripour; man müsse deshalb neue Sanktionen in Betracht ziehen.[1] Russland sei „der Kriegstreiber in der Region, weil es die Separatisten mit schweren Waffen, logistischer Hilfe und Treibstoff versorgt“, wird der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann zitiert: „Wenn die russische Regierung also nicht nachweisbare Fortschritte zur Deeskalation der Lage nachweisen kann“, dann werde man „leider über schärfere Sanktionen reden müssen“. Auch die CDU-Außenpolitikerin Elisabeth Motschmann sagt: „Die EU muss sich wieder mit dem Thema Sanktionen beschäftigen.“
Vor der Offensive
Der aktuellen Eskalation vorausgegangen waren umfassende Mobilmachungs- und Aufrüstungsschritte der Kiewer Regierung. Präsident Petro Poroschenko hatte angekündigt, rund 50.000 Wehrpflichtige im Alter zwischen 16 und 60 Jahren einzuberufen; sie sollten drei Wochen lang ausgebildet und dann umgehend an die Bürgerkriegsfront abkommandiert werden.[2] Weitere 50.000 Männer würden in einigen Monaten zur Armee eingezogen, teilte Poroschenko mit. Gleichzeitig übergab er den ukrainischen Streitkräften offiziell neues Kriegsgerät, darunter Sturmgewehre, Haubitzen, Schützenpanzer sowie Kampfflieger – und kommentierte dies: „So nutzen wir den sogenannten Waffenstillstand.“[3] Unter anderem aufgrund der Aufrüstung im großen Stil gingen Beobachter davon aus, dass Kiew eine groß angelegte Militäroffensive plane. Die jüngste Eskalation erfolgte nun nach dem bis heute nicht aufgeklärten Granatbeschuss eines Busses in Donezk, dem 13 Zivilisten zum Opfer fielen – die ostukrainischen Aufständischen sehen die Schuld bei Kiewer Regierungseinheiten – und nach dem Raketenangriff auf Mariupol, bei dem mindestens 30 Zivilisten zu Tode kamen; ihn schreibt Kiew den Aufständischen zu.
„Schutzwaffen“ und „Schulungsmissionen“
Bei ihrer Aufrüstung kann die Ukraine sich auf europäische und nordamerikanische Zulieferungen sogenannter nicht-tödlicher („non-letaler“), aber militärisch unverzichtbarer Ausrüstung stützen. Über solche Lieferungen ist schon mehrfach berichtet worden; auch Berlin hat im September 2014 bestätigt, die Prüfung diverser Anträge zur Lieferung militärischer „Schutzausrüstung“ bereits „mit positivem Ergebnis abgeschlossen“ zu haben.[4] Unlängst hat sich nun das Europaparlament dafür ausgesprochen, die EU solle „Möglichkeiten prüfen …, die Regierung der Ukraine beim Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten und dem Schutz der Außengrenzen des Landes zu unterstützen“.[5] Dies sei möglich, da der Rat der EU „am 16. Juli 2014 das Waffenembargo gegen die Ukraine aufgehoben“ habe; „Einwände oder rechtliche Beschränkungen für die Lieferung von Schutzwaffen aus den Mitgliedstaaten an die Ukraine“ bestünden deshalb nicht. Ausdrücklich „unterstützt“ das Europaparlament „die derzeitigen Lieferungen nichtletaler Ausrüstungsgegenstände“; außerdem heißt es, die EU müsse „Schulungsmissionen“ für die ukrainischen Streitkräfte durchführen.
Orwell im Anmarsch
Die Aufrüstung der Ukraine soll durch umfangreiche PR-Maßnahmen begleitet werden. Wie das Parlament fordert, soll die EU-Kommission „binnen zwei Monaten eine Kommunikationsstrategie“ ausarbeiten, um „auf EU-Ebene wie auch in den Mitgliedstaaten“ gegen russische „Propaganda“ vorzugehen.[6] Kiew ist bereits einen Schritt weiter und hat – mit derselben Begründung – kürzlich ein „Informationsministerium“ gegründet, das weltweit auf scharfe Kritik gestoßen ist. Der neue Minister Juri Stez hatte zuvor rund zehn Jahre lang den privaten TV-Sender „Kanal 5“ des derzeitigen Präsidenten Poroschenko geleitet.
National-patriotische Erziehung
Ergänzend zu Aufrüstung und Mobilmachung im großen Stil hat die Kiewer Regierung inzwischen auch Schritte in die Wege geleitet, die auf eine langfristig angelegte Militarisierung des Landes zielen. Die Maßnahmen rufen selbst in deutschen Leitmedien, die ansonsten die neuen Machthaber der Ukraine stützen, ein gewisses Stirnrunzeln hervor. Dort wird berichtet, insbesondere Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk sei ein „leidenschaftlicher Verfechter der Intensivierung von Schulprogrammen zur ’national-patriotischen Erziehung'“ der Jugend. So setze er sich dafür ein, im Geschichtsunterricht solle „besonders von der steten Wehrhaftigkeit der ukrainischen Nation die Rede sein – von den Kosaken bis hin zur ‚Ukrainischen Aufständischen Armee'“.[7] Letztere kämpfte im Zweiten Weltkrieg an der Seite NS-Deutschlands gegen die Rote Armee und verübte Massaker an mehr als 91.000 Menschen meist polnischer Sprache und teils jüdischen Glaubens.[8]
Mit der Kalaschnikow in die Schule
Zudem sähen „neue volkserzieherische Richtlinien“, die Jazenjuk „zur Diskussion gestellt“ habe, „für die Oberstufe unter dem Stichwort ‚Heimatschutz‘ auch eine umfassende Ausbildung an der Waffe vor“. Jugendliche sollten „den Umgang mit Gewehren und der Kalaschnikow lernen“; zur Ausbildung gehörten zudem der „Einsatz von Gasmasken, der Umgang mit Handgranaten und die Aufklärung über verschiedene Minentypen“. Schon jetzt veranstalteten private Militaristenvereine „Freizeitcamps“, auf denen „ukrainische Mädchen und Jungen … schießen lernen und Kampfsportarten trainieren“: „Das tun sogar Grundschulkinder, die, gehüllt in ukrainische Militäruniformen, auf der Internetseite von Julia Timoschenko als Beitrag ihrer Partei zur Steigerung der nationalen Kampfmoral präsentiert werden.“ „Waffenausbildung für Jugendliche“ werde darüber hinaus „auch in Militäreinrichtungen angeboten“.[9] Bis zu ihrer Übernahme durch Russland sei dies auch auf der Krim üblich gewesen.
Milliardenkredite
Während Kiew die Militarisierung des Landes vorantreibt und, schon seit langem am Rande des Staatsbankrotts balancierend, seinen Militärhaushalt auf 5,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht hat (rund 4,8 Milliarden Euro) [10], unterstützen Berlin und die EU die prowestlich gewendete Ukraine nicht nur politisch, sondern auch finanziell: Nach Kreditgarantien in Höhe von einer halben Milliarde Euro, die Berlin kürzlich zugesagt hat, hat die EU-Kommission Darlehen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro zugesagt. Von Einwänden gegen die dramatische Aufstockung des Militärhaushalts und gegen die allgemeine Militarisierung ist nichts bekannt.
Differenzen
Besteht in Berlin bezüglich der Unterstützung der Kiewer Kriegsfraktion Konsens, so zeigen sich dennoch Differenzen in der Beurteilung der Russland-Sanktionen. Starke Kräfte sind der Ansicht, man solle mit dem geschwächten Russland wieder besser kooperieren, um erneut ökonomischen Profit aus der Zusammenarbeit ziehen zu können. Die Einsetzung eines prowestlichen Regimes in Kiew und seine ansatzweise Stabilisierung reichten als geostrategischer Vorteil aus dem Konflikt vorläufig aus; eine umfassende Destabilisierung Moskaus sei nicht notwendig und derzeit nicht wünschenswert. german-foreign-policy.com berichtet in Kürze.

Putin fest im Sattel

Blick auf Russland von innen: Sanktionen scharen Bevölkerung um den Präsidenten und werden zu keinem Politikwechsel führen. »Stratfor«-Chef George Friedman über seine in Moskau gewonnenen Eindrücke

Wladimir Putins Popularität ist ungebrochen (Straßenszene in Mos

Wladimir Putins Popularität ist ungebrochen (Straßenszene in Moskau, 24.12.2014)

In der ersten Dezemberhälfte war der Chef des privaten US-amerikanischen Nachrichtendienstes »Stratfor«, George Friedman, zu Gesprächen in Moskau. Er traf sich mit US-, Westeuropa- und NATO-Experten russischer Thinktanks und des Außenministeriums sowie mit international operierenden russischen Geschäftsleuten und Studenten, um sich ein Bild von den wirtschaftlichen und politischen Erwartungen des Landes zu machen. »Stratfor« verdient mit politischen, ökonomischen und militärischen Risikoeinschätzungen sein Geld. Was die Berichte von westlichen Medien und Regierungsstellen unterscheidet, ist, dass sie die Lage weitaus weniger ideologisch verzerrt und manipuliert wiedergeben, denn die Kunden sind hauptsächlich die Abteilungen in den Großkonzernen, die strategische Investitionsentscheidungen zu fällen haben und deshalb eine realistische Grundlage für ihre Planung brauchen und keine nach politischem Gutdünken gefärbte.junge Welt dokumentiert eine gekürzte Fassung des Friedman-Berichtes in einer Übersetzung von Rainer Rupp.

Als ich ankam, dachte ich, die wirtschaftlichen Probleme Russlands würden in den Köpfen der Menschen alles andere verdrängen. Der Absturz des Rubels, der Rückgang der Ölpreise, eine allgemeine Abschwächung der Konjunktur und die Auswirkungen der westlichen Sanktionen scheinen aus westlicher Perspektive die russische Wirtschaft niederzuhämmern. Doch darum drehten sich meine Gespräche nicht.

Für die relative Ruhe trotz der finanziellen Situation gab es einen anderen Grund, und der sollte sehr ernst genommen werden. In den 1990er Jahren haben die Russen schrecklich unter Boris Jelzin gelitten. Allerdings auch unter früheren Regierungen. Trotzdem, und das haben etliche Gesprächspartner unterstrichen, haben sie alle Kriege gewonnen, die sie gewinnen mussten, und zugleich haben sie es geschafft, ein lebenswertes Leben zu führen. Jetzt herrscht in Russland die Meinung, dass das Goldene Zeitalter der vergangenen zehn Jahre zu Ende geht. Das sei zu erwarten gewesen und auch da würde man durchkommen. Die Regierungsbeamten sagten das als Warnung, und ich glaube nicht, dass es ein Bluff war.

Dreh- und Angelpunkt unserer Gespräche waren die Sanktionen, und die Absicht meiner Gesprächspartner war es, zu zeigen, dass Russland dadurch nicht zu einem Politikwechsel gegenüber der Ukraine genötigt werden wird. Die Stärke der Russen liegt darin, dass sie Dinge ertragen, die andere Nationen brechen würden. Und wenn die Russen sich bedroht fühlen, neigen sie dazu, ihre Regierung vorbehaltlos zu unterstützen, egal wie kompetent sie ist. Daher sollte niemand erwarten, dass Sanktionen, egal wie hart sie auch sind, zu einer Kapitulation Moskaus führen werden. Wenn dem so ist, dann geben sich Amerikaner und Europäer über die Auswirkungen ihrer Sanktionen Illusionen hin.

Aktionsabo

Mein Gefühl sagt mir, dass die Russen es ernst meinen. Das erklärt, warum die verschärften Sanktionen, der Absturz des Ölpreises, die Rezession und vieles mehr nicht zu der vom Westen erwarteten Erosion des Vertrauens in die russische Regierung geführt hat. Zuverlässigen Umfragewerten zufolge ist Präsident Wladimir Putin immer noch enorm populär. Ob er populär bleibt, wenn der wirtschaftliche Niedergang stärker zu spüren ist und ob dann Eliten gleichermaßen zuversichtlich bleiben werden, ist eine andere Sache. Aber für mich war die wichtigste Lektion, die ich in Russland vielleicht gelernt habe, dass die Russen auf wirtschaftlichen Druck nicht in gleicher Weise reagieren, wie das die Leute im Westen tun.

Präzedenzfall Kosovo

Bei der Ukraine-Frage stieß ich auf viel mehr Härte. Man gestand ein, dass die Entwicklungen dort einen Rückschlag für Russland darstellten und man nahm der Obama-Regierung übel, dass sie in ihrer Propagandakampagne Russland als den Aggressor darstellt. Zwei Punkte wurden regelmäßig unterstrichen. Erstens, dass die Krim ein historischer Teil von Russland und bereits vor der Krise vertraglich von russischem Militär dominiert war und dass es somit keine Invasion gab, sondern lediglich die Durchsetzung der Wirklichkeit. Zweitens gab es ein erhitztes Beharren darauf, dass die Ostukraine von Russen besiedelt ist und dass dort – ebenso wie in anderen Ländern – die Russen ein hohes Maß an Autonomie erhalten. Dabei wurde auch auf das kanadische Modell von Quebec verwiesen, das zeige, dass der Westen in der Regel keine Probleme mit regionaler Autonomie für ethnisch verschiedene Regionen hat, aber sich schockiert zeigt, wenn die Russen eine solche Form des Regionalismus ausüben wollen.

Der Fall des Kosovo ist für die Russen aus zwei Gründen extrem wichtig: Erstens, weil sie glauben, dass ihre Interessen dort missachtet wurden. Und zweitens, weil damit ein Präzedenzfall geschaffen wurde. Jahre nach dem Sturz der serbischen Regierung, die die Albaner dort bedroht hatte, hat der Westen dem Kosovo die Unabhängigkeit verliehen. Damit – so unterstrichen die Russen – wurden die Grenzen neu gezogen, obwohl es keine Gefahr mehr für das Kosovo gab. Russland wollte das verhindern, aber der Westen hat es trotzdem getan, weil er stark genug war, es zu tun. Nachdem der Westen in Serbien die Landkarte neu gezeichnet hat, hat er aus russischer Sicht nun nicht das Recht, einer Neuzeichnung der ukrainischen Karte zu widersprechen.

Strategischer Puffer

Aus russischer Sicht ist die Ukraine ein notwendiger strategischer Puffer. Ohne die Ukraine fühlt sich Russland mit einer erheblichen Bedrohung konfrontiert, wenn nicht jetzt, dann später. Als Beispiel wurde auf Napoleon und Hitler verwiesen. Denn beide Feinde wurden mit (strategischer, jW) Tiefe besiegt.

Ich versuchte, die strategische Perspektive der Vereinigten Staaten zu erklären, die das vergangene Jahrhundert mit der Verfolgung eines einzigen Ziels verbracht haben: In Europa den Aufstieg eines Hegemons zu verhindern, der in der Lage gewesen wäre, westeuropäische Technologie und Kapital mit russischen Ressourcen und Arbeitskräften zu paaren. Um eine entsprechende deutsche Hegemonie zu blockieren, intervenierten die USA 1917 im Ersten Weltkrieg und später wieder im Zweiten Weltkrieg. Im Kalten Krieg war es das Ziel, eine russische Hegemonie in Europa zu verhindern.

Daher habe das wiedererstarkte Russland in Washington die Erinnerung an den Kalten Krieg geweckt, und im aktuellen Fall ist die Angst vor Russland in der Ukraine nicht ganz unberechtigt. Wenn es Russland gelingt, seine Macht in der Ukraine zu festigen, was kommt dann als nächstes? Russland hat militärische und politische Macht, die beginnen könnte, nach Europa auszustrahlen und sich auszuwirken. Daher ist es für die USA und für einige europäische Länder nicht unvernünftig, ihrerseits in der Ukraine ihre Macht durchsetzen zu wollen.

Die Russen werden sich mit einem bestimmten Grad an Autonomie in Teilen der Ostukraine zufrieden geben. Wie viel Autonomie, weiß ich nicht. Sie brauchen eine deutliche Geste, um ihre Interessen zu schützen und ihre Bedeutung zu unterstreichen. Ihr Argument, dass regionale Autonomie in vielen Ländern existiert, ist überzeugend. Aber in der Geschichte geht es um Macht, und der Westen nutzt seine Macht, Russland in die Enge zu drängen. Doch jeder weiß, dass es nichts Gefährlicheres gibt, als einen Bären zu verwunden. Ihn zu töten, ist besser, aber Russland zu töten, hat sich in der Geschichte nicht als einfach erwiesen.

Ich kam mit zwei Erkenntnissen zurück. Eine war, dass Putin in seinem Amt sicherer ist, als ich dachte. Das hat nicht viel zu bedeuten. Präsidenten kommen und gehen. Aber es ist eine Erinnerung daran, dass Entwicklungen, die einen westlichen Führer zu Fall bringen würden, einen russischen möglicherweise unberührt lassen. Zweitens, die Russen planen keine Aggression.

Gleichzeitig hat sich meine allgemeine Analyse bestätigt. Was auch immer Russland an anderen Orten der Welt tun mag, für Russland ist die Ukraine von grundlegender strategischer Bedeutung. Selbst wenn der Osten einen Grad an Autonomie erhielte, würde Russland weiterhin zutiefst besorgt bleiben über die Beziehung der übrigen Ukraine zum Westen. So schwierig dies für Westler zu ergründen ist, die russische Geschichte ist eine Geschichte von »Puffern«. Pufferstaaten bewahren Russland vor westlichen Eindringlingen. Russland will ein Arrangement, in dem die Ukraine zumindest neutral ist.

kurzlink.de/russia-inside

 https://www.jungewelt.de/2014/12-29/001.php

War der Rubel-Crash geplant?

erlangenwladimir.wordpress.com

19.12.2014

Ist die massive Abwertung des Rubels ökonomisch gerechtfertigt, eine Überreaktion oder war sie möglicherweise gewollt? Offensichtlich treffen alle drei Behauptungen zu.

Von Bernd Murawski

Es ist schon erstaunlich, wie gelassen russische Regierungskreise auf die massive Rubel-Abwertung Anfang dieser Woche reagierten. Gleichzeitig werden in westlichen Medien Hiobsbotschaften verbreitet, die bis zu einem Zusammenbruch der Volkswirtschaft und des politischen Herrschaftssystems reichen. Die Zinsentscheidung der russischen Zentralbank wird als Beleg angeführt, dass die Lage tatsächlich dramatisch sei. Üben sich nun offizielle russische Stellen in Zweckoptimismus, oder wurde der Rubel-Crash möglicherweise absichtlich zugelassen wenn nicht sogar herbeigeführt?

Angesichts der gewaltigen Währungsreserven, über die Russland verfügt, erscheint der Rubel-Verfall unverständlich. Auch sind diesmal kaum globale Akteure beteiligt wie etwa bei Soros‘ erfolgreichen Spekulationen gegen das britische Pfund im Jahr 1992. Es sind vor allem russische Haushalte, die ihrer Währung angesichts der bitteren Erfahrungen aus den Krisenjahren 1998 und 1999 misstrauten und in den Dollar oder den Euro flüchteten.

Als Ursache für den fallenden Rubel-Kurs werden die hohen Inflationsraten genannt, die sich während der letzten zehn Jahre auf 107 % summierten. Da zwischen 2005 und 2008 für einen Euro 35-40 Rubel gezahlt wurden, erscheint die Abwertung angesichts der deutlich niedrigeren Inflation im Euroraum mehr als begründet. Allerdings gelangt man bei der Betrachtung der Kaufkraftparität zu einem gegenteiligen Ergebnis. Diese lag im Jahr 2013 65 % oberhalb des offiziellen Währungskurses, d.h. zu einer Zeit, als dieser noch zwischen 1/40 und 1/45 Euro betrug. Bei einem Kurs von 70 Rubel hat sich das Kaufkraftplus demnach nahezu verdoppelt.

Unterstellt man der russischen Seite Beschwichtigungsversuche, so steht dies kaum in Einklang mit der gestrigen Stellungnahme Dimitri Medwedjews, als er die Gründe für die Abwertung des Rubel offen benannte. Überraschenderweise verweist er neben dem sinkenden Ölpreis auf die westlichen Sanktionen. War die bisherige Lesart nicht, dass diese kaum negative Auswirkungen hätten bzw. dass sie gleichermaßen die EU-Staaten treffen würden?

Es bedarf keiner Kremologie, um zu erkennen, dass die russische Regierung sich einer speziellen Dramaturgie bedient, um ihren politischen Handlungsspielraum zu erweitern. Durch Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen der Konfrontationspolitik wird gegen jede weitere Zuspitzung der Ukrainekrise Stellung bezogen, wie sie vom rechtsnationalistischen russischen Spektrum in Verein mit kompromisslosen ostukrainischen Separatisten angestrebt wird. Auch soll die Bevölkerung auf künftige Opfer eingestimmt werden. Abgesehen von den enorm gestiegenen Kosten für Auslandsreisen ist der russische Normalbürger bisher kaum von den Sanktionen betroffen.

Es gibt aber noch einen anderen gewichtigen Grund, der für eine gezielt herbeigeführte Abwertung des Rubel spricht. Angesichts eines realen jährlichen Lohnzuwachses von mehr als 12 % zwischen 2000 und 2008 wurde in enormen Umfang Geld kreiert. Dies war gedeckt durch die immensen Einnahmen aus dem Gas- und Ölgeschäft. Indem die Haushalte ihre gestiegenen Einkommen verkonsumierten, sammelten sich die Beträge bei der vermögenden Oberschicht. Soweit diese Geldvermögen nicht investiert oder in fremdländische Währungen umgetauscht wurden, erleiden sie gegenwärtig einen beträchtlichen nominalen Wertverlust. Angesichts des panikartigen Verkaufs der Rubel-Bestände gegen Dollar oder Euro bietet sich der russischen Zentralbank die willkommene Gelegenheit, zu geringen Kosten Rubel zu erwerben und so den entstandenen Geldüberhang abzubauen. Diese Aktion wird strategisch wichtig für den Fall, dass künftig Öl- und Gasverkäufe in Rubel getätigt werden: Russische Oligarchen, die hohe Rubel-Beträge gehortet haben, werden frühzeitig geschröpft.

Auf einen weiteren Aspekt, die Verteuerung von Importen, wurde bereits mehrfach hingewiesen. Dadurch wird russischen Anbietern ermöglicht, Marktanteile zu gewinnen, und gleichzeitig lassen sich die Einbußen bei den Erlösen aus dem Ölexport kompensieren. Problematisch ist dagegen die Verschuldung russischer Unternehmen bei westlichen Kreditgebern. So sind allein bis Ende Dezember 2014 34 Milliarden Dollar an Zinsen und Tilgung zu begleichen. Die russische Regierung hat jedoch ein Hilfspaket angekündigt, sodass zumindest mittelfristig kaum Finanzierungsengpässe entstehen sollten.

Wenn auch der Rubel-Crash das Vertrauen in die russischen Finanzmärkte beeinträchtigt hat, so bringt er offensichtlich den Regierenden in Russland diverse Vorteile. Der Rubel ist bereits gestern um 15 % gestiegen, und angesichts der immensen russischen Währungsreserven spricht wenig dafür, dass der Crash sich in nächster Zeit wiederholt.

http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/30874-war-der-rubel-crash-geplant

 

 

Die Tore zum Dritten Weltkrieg werden geöffnet

Paul Craig Roberts

Laut Berichten hat Washington beschlossen, die Ukraine für einen neuen militärischen Überfall auf die russische Volksgruppe in Donetsk und Luhansk zu bewaffnen.

Ein Vertreter des russischen Außenministeriums verurteilte die rücksichtslose Entscheidung Washingtons, Kiew mit Waffen zu beliefern, als eine Verletzung von Abkommen, die eine politische Lösung des Konflikts erschweren wird. Diese Stellungnahme ist verblüffend. Sie lässt annehmen, dass die russische Regierung noch nicht kapiert hat, dass Washington kein Interesse an der Lösung des Konflikts hat. Washington bezweckt, die unglücklichen Ukrainer gegen Russland zu benützen. Je mehr sich der Konflikt verschlimmert, desto mehr freut sich Washington.

Die russische Regierung hat darauf gesetzt, dass Europa zu Sinnen kommen würde und dass der Konflikt friedlich gelöst werden kann. Die russische Regierung hat damit auf das falsche Pferd gesetzt und muss sofort etwas unternehmen, um einer Verschlimmerung der Krise vorzubeugen, indem es die Provinzen der Separatisten mit Russland vereinigt oder Europa die Hölle heiß macht.

Es wäre eine kostspielige Demütigung für die russische Regierung, gäbe sie die ethnischen Russen einem militärischen Überfall preis. Wenn Russland zuschaut, während Donetsk und Luhansk zerstört werden, dann wird der nächste Angriff gegen die Krim gerichtet sein. Zu dem Zeitpunkt, an dem Russland zu kämpfen gezwungen sein wird, wird Russland ein besser bewaffneter, besser vorbereiteter und schrecklicherer Feind gegenüberstehen.

Durch ihre Untätigkeit ist die russische Regierung bei Washingtons Angriff gegen Russland behilflich und leistet Vorschub. Die russische Regierung könnte Europa sagen, es müsse sofort aufhören oder ohne Erdgas auskommen. Die russische Regierung könnte eine Flugverbotszone über den Provinzen der Separatisten ausrufen und ein Ultimatum an Kiew stellen. Die russische Regierung könnte die Ansuchen von Donetsk und Luhansk auf Vereinigung oder Wiedervereinigung mit Russland annehmen. Jede dieser Aktionen würde ausreichen, um den Konflikt zu lösen, ehe er außer Kontrolle gerät und die Tore zum Dritten Weltkrieg öffnet.

Die Menschen in Amerika haben keine Ahnung, dass Washington knapp davor steht, einen gefährlichen Krieg anzufangen. Sogar informierte Kommentatoren werden vom Thema abgelenkt, wenn sie die Propaganda widerlegen, dass Russland die Ukraine überfallen hat und die Separatisten mit Waffen beliefert. Diese Kommentatoren liegen falsch, wenn sie glauben, dass eine Feststellung der Fakten irgendetwas nützen wird.

Washington hat die Absicht, Russland als eine Einschränkung von Washingtons Macht zu beseitigen. Washingtons Arroganz zwingt Russland eine gewaltige Entscheidung auf: Unterwerfung oder Krieg.

http://antikrieg.com/

http://krisenfrei.de/