Wolfgang Effenberger
Schon zu Beginn des neuen Jahres klärte die Investor-Legende George Soros die amerikanische Bevölkerung in Sachen EU, Ukraine und Russland auf. Unter dem Titel »Europe at War« schrieb Soros, dass sich die EU de facto im Krieg gegen Russland befinde und entsprechend handeln müsse. Somit müsse die Sparpolitik aufhören und die Aufrüstung Priorität erhalten. Darin sieht Soros sogar ein gutes Konjunkturprogramm für Brüssel.

Der Trommler für die Interessen von Wall Street und City of London verlangte von Brüssel, die Ukraine vorerst mit 20 Milliarden zu unterstützen. Das sei besser, als dass sich am Ende die EU selbst gegen Russland verteidigen müsse.(1) So reden diejenigen Hasardeure, vor denen Dwight D. Eisenhower am 17. Januar 1961 in seiner Abschiedsrede gewarnt hat:
»Nur eine wache und aufgeklärte Bürgerschaft kann der riesigen Verflechtung der industriellen und militärischen Maschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen etwas entgegensetzen, sodass Sicherheit und Freiheit zusammen gedeihen können.«(2)
Heute sind wir – wie vor 100 Jahren – wieder in Gefahr, von den »Kaufleuten des Todes« in einen Krieg hineinmanipuliert zu werden. Diesen Zusammenhang hatte 1936 das Nye Committee oderSenate Munitions Investigating Committee(3) bei der Suche nach den Gründen für den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg ermittelt. In 93 Anhörungen hatten die Senatoren Homer Bone, Bennett Champ Clark, Arthur V. Vandenberg und Gerald Nye zwei Jahre lang insgesamt 200 Zeugen befragt, darunter J.P. Morgan jr. und Pierre S. du Pont, und dabei herausgefunden, dass die Waffenindustrie neben Preisabsprachen vor und während des Krieges starken Einfluss auf die US-Außenpolitik genommen hatte. Die USA seien 1917 von den »Kaufleuten des Todes« (»merchants of death«) – Bankern und Rüstungsindustriellen – in den europäischen Krieg getrickst worden,(4) lautete schließlich das vernichtende Urteil.
Tritt heute George Soros in die Fußstapfen von J.P. Morgan? Nein! Soros, der »Staatsmann ohne Staat«, dürfte heute noch mehr Einfluss an der Wall Street und der City of London haben. Er hat schon Finanz- bzw. Spekulationsgeschichte geschrieben. 1992 führte sein Angriff gegen das britische Pfund zum Rückzug Großbritanniens aus dem EWS. Der damalige britische Premier John Major beerdigte sein Vorhaben, Großbritannien in die geplante Euro-Zone zu führen.
Ende Januar 2015 und nur eine Woche vor der Münchner Sicherheitskonferenz erschien nun im FAZ-Feuilleton ein gemeinsamer Appell von George Soros und Bernard-Henri Lévy: »Aufruf an die EU: Wir müssen der Ukraine helfen«.(5)
»Der Geist des Majdan ist stärker als je zuvor: Europa darf die Ukraine jetzt nicht alleine lassen.«
Die beiden Kriegstrommler beschwören die Europäer, die Ukraine jetzt nicht allein zu lassen. Dort sei der Geist des Majdan stärker als je zuvor. Beide beschreiben den Putsch als Transformation der Ukraine zu mehr Demokratie, als einen bewundernswerten Versuch, die Nation für Moderne, Demokratie und Europa zu öffnen. Nun stehe nicht nur die Zukunft der Ukraine auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft der Europäischen Union. »Der Verlust der Ukraine wäre ein gewaltiger Verlust für Europa. Das würde Russland in die Lage versetzen, die Europäische Union zu spalten und zu beherrschen.«(6) Um das zu verhindern, brauche die Ukraine dringend finanzielle Hilfe (die natürlich vornehmlich für umfassende Rüstungskäufe verwendet werden dürfte).
Die Transformation in der Ukraine hatte jedoch bis jetzt kaum positive Auswirkungen. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass aus dem »Geist des Majdan« ein gefährliches Monster hervorgegangen ist.
In seinem neuen Buch Krieg in der Ukraine analysiert der bekannte Experte geostrategischer Entwicklungen, F. William Engdahl, messerscharf Amerikas verborgene Strategie. (7) Er beweist, dass die USA hinter den immer gewalttätiger werdenden Protesten standen, die eskalierten, als Heckenschützen auf dem Majdan in die Menge feuerten und Menschen töteten. Nun konnte der von den USA geplante »Regime Change« durchgeführt werden.
Die westlichen Medien machten jedoch Putin für die Vorgänge auf dem Majdan verantwortlich. Bis
heute geht die Täuschung der Öffentlichkeit weiter.
Am 27. Februar putschten die US-Hardliner ihren Favoriten, den blass und jugendlich wirkenden 40-jährigen Arsenij Petrowytsch Jazenjuk – auch mithilfe rechtsradikaler, antisemitischer und antidemokratischer Fußtruppen – an die Macht. Seither werden – siehe den Artikel von Soros und Levy – die Werte Demokratie und Menschenrechte hervorgekehrt, die in Wirklichkeit aber mit Füßen getreten werden.
Mit harter Hand steuerte das US-Außenministerium die Inthronisation von Jazenjuk, ohne sich groß um die Belange der EU zu scheren. »Fu.. the EU!« Dieser Aussprach machte die Einstellung der stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland für jedermann deutlich. Sie ist mit Robert Kagan, einem der bekanntesten Neokonservativen der USA, verheiratet. Mit im Bunde der Öl- und Finanztycoon George Soros, Unterstützer der Demokratischen Partei in den USA.(8) Auch er setzte auf Arsenij Jazenjuk, den Führer der Vaterlandspartei, dem auch langjährige Verbindungen zur Scientology-Sekte nachgesagt werden. Nach Aussage des investigativen Journalisten Wayne Madsen soll er dort den Rang »Operating Thetan Level 6« (OT-6) bekleiden.(9)
In diesem Machtkartell hatte der Boxweltmeister und medienwirksame Umsturzkatalysator Vitali Klitschko, von der Konrad-Adenauer-Stiftung und den deutschen Großmedien blauäugig als zukünftiger ukrainischer Regierungschef aufgebaut, keine Chance. Der schmächtige Jazenjuk hatte dagegen von 2001 an immer wichtige politische Ämter bekleidet: Parlamentspräsident, Wirtschafts-,Außenminister, Vizepräsident der Nationalbank.
.JPG)

Noch mehr ins Gewicht fallen dürfte seine 2007 gegründete Open Ukraine Foundation – im Untertitel »Arseniy Yatsenyuk Foundation«. Sponsor war die International Renaissance Foundation (IRF) von George Soros. Soros hatte schon 2004 der Oligarchin Julija Tymoschenko bei der »Orangenen Revolution« in die Regierung verholfen. Die damaligen Vorgänge in Kiew wurden von Peter Scholl-Latour als das angeprangert, was sie waren: als eine von US-NGOs unter Beteiligung von George Soros inszenierte Farce mit dem Ziel, den US-amerikanischen Einfluss zu etablieren.
Weiter ist Jazenjuks Stiftung verbunden mit der U.S.-Ukraine Foundation (10) (US-Außenministerium), der Swedbank, dem Black Sea Trust for Regional Cooperation (ein Projekt desGerman Marshall Fund) und dem britischen Royal Institute of International Affairs, kurz »Chatham House«. Das ist ein global tätiger Thinktank von über 300 Konzernen und Banken mit Sitz in London, der mit anderen Stiftungen wie der Rockefeller Foundation, der Bill & Melinda Gates Foundation und der Konrad-Adenauer-Stiftung ebenso zusammenarbeitet wie mit der NATO und der Europäischen Union. Auch die US-Regierungsstiftung National Endowment for Democracy (NED) – jene »Privatisierung« von CIA-Aktivitäten, mit der »Demokratie« gebracht wird (auch nach Russland) (11) – trägt zur Öffnung der Türen in der Ukraine bei.(12)
In der Berichterstattung über die Ukraine-Krise arbeiten die deutschen öffentlich-rechtlichen Medien eng mit dem Ukrainian Crisis Media Center (UCMC) zusammen. Dieses internationale PR-Netzwerk wird u.a. auch von George Soros finanziert und soll der »russischen Propaganda« entgegentreten.(13) Von diesem »Medienpool« ist also keine unabhängige Berichterstattung zu erwarten. Wer mit der »Soros-Organisation« pressemäßig gemeinsame Sache macht, so Willy Wimmer, weiß doch genau, dass diese Organisation eine eigene Agenda verfolgt.(14) Und auf dieser Agenda steht auch der »Regime Change« in Moskau.
In flammender Kriegsrethorik drohte der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy am 2. März 2014 auf dem Majdan Wladimir Putin, man werde gegen ihn die gleichen Methoden anwenden wie gegen Janukowytsch.(15)
Am Ende seiner Rede skandierte er »No pasarán!« (dt. »Sie werden nicht durchkommen!«). Das war 1936 der Schlachtruf der spanischen Revolutionärin Dolores Ibárruri Gómez, genannt La Pasionaria, im Kampf gegen Franco.
Bernard-H. Lévy hatte sich bereits 2011 als Trommler für den Krieg gegen Libyen einen Namen gemacht, während George Soros Söldner und islamische Rebellen unterstützte, welche die Regierung stürzten (16) und den Machthaber Oberst Muammar al-Gaddafi ermordeten.(17)
Dieses libysche Szenario veranlasste damals Alexander Jefremow, Fraktionsvorsitzender der Partei der Regionen, im ukrainischen Parlament vor derartigen Entwicklungen zu warnen: »Ich besitze sogar Informationen, nach denen Soros Gelder bereitgestellt hat, um eine bestimmte Gruppe junger Männer hier in der Ukraine aufzubauen, die jederzeit bereitstünden, auf der Grundlage der Beispiele in Nordafrika ausgearbeitete Szenarien in Gang zu setzen.«(18) Die Folgen des Krieges in Libyen, Destabilisierung, Zerstörung und Chaos, sind heute nicht nur im Land selbst, sondern in weiten Teilen Afrikas und des Nahen Ostens zu besichtigen.
Am 4. Februar gab Mykola Asarow, Ministerpräsident der Ukraine vom 11. März 2010 bis zum 28. Januar 2014, bei einer Pressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung seines Buches Ukraine amScheideweg bekannt, dass die EU-Vertreter bei den Verhandlungen der ukrainischen Seite zu verstehen gaben, »wenn ihr nicht unterschreibt, wird es eine andere Regierung tun«. Die Weigerung des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević, den Annex B des Rambouillet-Vertrages zu unterschreiben, hatte im Frühjahr 1999 zum 78-tägigen Bombardement Jugoslawiens und in der Konsequenz zum »Regime Change« geführt. Asarow verglich die forcierte Absetzung von Wiktor Janukowytsch im Februar 2014 mit dem Sturz des libyschen Präsidenten Muammar al-Gaddafi 2011. Er bezeichnete das Vorgehen in der Ukraine als »libysches Modell«. Janukowytsch »sollte sterben wie zuvor Gaddafi«.(19)
Die Anschuldigung von Herrn Asarow wiegt schwer. Zweiflern empfehle ich zur Aufhellung dieser postkolonialen Politik, wie sie vom westlichen Imperium seit Jahrzehnten mit großem Erfolg betrieben wird, das Buch von John Perkins Bekenntnisse eines Economic Hit Man. Vielleicht lesen Sie auch Harold Pinters Nobelpreisrede »Kunst, Wahrheit & Politik«.(20)
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beschrieb Anfang Februar 2015 der russische Militärexperte Jewgeni Buschinski ein apokalyptisches Szenario für den Fall, dass der Ukraine-konflikt eskaliert. Sollte eine Niederlage der Bevölkerung im Donbass drohen, werde sich Russland richtig einmischen. »Und dann muss es Kiew einnehmen, grob gesagt. Dann ist die NATO in einer schwierigen Lage. Dann müsste man den Dritten Weltkrieg beginnen, das kann keiner wollen.«(21) Will das wirklich keiner?
Am 5. Februar titelte die SZ: »Ende der Ruhe – An den Grenzen Europas entflammen immer neue Krisen. Doch EU und NATO tun sich schwer, der wachsenden Bedrohung Herr zu werden«. Unseren Alpha-Medien stünde es doch eigentlich gut an, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen, sondern Wege des Friedens aufzuzeigen, um eine Katastrophe abzuwenden.
Vor diesem Hintergrund ist es auch unverständlich, wie dieFAZ den beiden Kriegstrommlern Soros und Lévy ein solches Forum geben konnte. Könnte es an der An- bzw. Einbindung dieser »seriösesten deutschen Tageszeitung« in diverse transatlantische Netzwerke liegen?
Wieso konnten die westlichen Politiker nicht verhindern, dass die ukrainische Regierung für den Abschuss von Kampfflugzeugen und die Zerstörung von Panzern neuerdings Prämien aussetzt? Kommt als nächstes noch eine Kopfgeldprämie? Uwe Westdörp hat in der Neuen OsnabrückerZeitung einen nachdenklichen Kommentar zur Ukrainekrise geschrieben. Seiner Meinung nach breitet sich todbringender Zynismus aus und erhöht noch die große Gefahr, die ohnehin schon von diesem Krieg ausgeht.(22) Während die Kämpfe in der Ostukraine weiter eskalieren, drängt der ukrainische Präsident Poroschenko die NATO-Staaten zu Waffenlieferungen an sein Land. Sollten hier die Dämme brechen, dann wird sich nicht nur auf der ukrainischen Bühne eine Tragödie abspielen. Noch ist es Zeit zum Dialog!
Da kann man Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande für ihren Friedensflug nur jeden erdenklichen Erfolg wünschen. »Alle wollen den Frieden und gehen davon aus, dass Russland ihn auch will«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am 5. Februar nach deren Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
Bevor Merkel und Hollande nach Moskau reisten, kritisierte der republikanische US-Senator John McCain die Politik von Kanzlerin Angela Merkel scharf. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat verglich ihre Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine mit der Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg: »Ihr Verhalten erinnert mich an die Politik der 30er Jahre.«(23)
Während Merkel, Hollande und Putin konferierten, startete in München die 51. Sicherheitskonferenz und in Brüssel tagte erstmals nach Ende des Kalten Krieges die Nukleare Planungsgruppe der NATO. Sollte die deutsch-französische Friedensmission scheitern, werden die Hardliner in der US-Administration und auch Soros jubeln: Während die Waffen nach Osten rollen, fließt das Geld in Richtung Westen.
Wenn der Neocon McCain die deutsche Kanzlerin angreift, scheint sie ja auf dem richtigen Weg zu sein. Oder geht es bei den aktuellen Friedensverhandlungen in Kiew und Moskau nur um eine »alibihafte Gesichtswahrung«? Das wurde bereits vielfach erfolgreich erprobt: Jugoslawien, Afghanistan, Irak… Immer frei nach dem Motto: »Wir haben doch ALLES versucht, nun KANN die ›westliche Wertegemeinschaft‹ nicht anders!«
Anmerkungen
1) www.mmnews.de
2) Eisenhower’s Farewell Address to the Nation January 17, 1961, [11.12.2013]
3) Report of the Special Committee on Investigation of the Munitions Industry (The Nye Report), U.S. Congress, Senate, 74th Congress, 2nd sess., February 24, 1936, pp. 3-13.
4) Siehe auch Schlesinger/Burns 1975.
5) Bernard-Henri Lévy und George Soros: »Aufruf an die EU: Wir müssen der Ukraine helfen«, FAZvom 29.01.2015
6) www.faz.net
7) F. William Engdahl: Krieg in der Ukraine, Rottenburg 2015
8) Marko Jošilo: »Wer sind die neuen Machthaber in Kiew?«, 24. Mai 2014
9) Wayne Madsen: »The Charge of the Scientology Brigade«, 1. April 2014
10) usukraine.org sowie openukraine.org
11) Alexandra Bader: »Russland: Das EU-Parlament als Konfliktpartei«
12) Werner Rügemer: »Jazenjuk made in USA«, in Ossietzky 9/2014.
13) www.freitag.de
14) Willy Wimmer: »Vom Ende der Ukraine-Politik der Europäischen Union«, 4. Dezember 2014
15) LeJournalduSiecleTV
16) Wolfgang Effenberger: »Muammar al-Gaddafi – rotes Tuch für die ›Herren des Papiergeldes‹«, 10. April 2011
17) Kurt Nimmo: »George Soros finanzierte das ›libysche Szenario‹, das nun in der Ukraine Gestalt annimmt«, 25. Februar 2014
18) Ebenda.
19) »Ukrainischer Ex-Premier: Janukowitsch sollte sterben wie Gaddafi und EU drohte uns indirekt mit Putsch«, 4. Februar 2015
20) »Mithilfe der Sprache hält man das Denken in Schach«, Harold Pinter – Nobelvorlesung: »Kunst, Wahrheit & Politik« vom 7. Dezember 2005
21) Julian Hass: Interview mit Jewgeni Buschinski, SZ vom 31.01./01.02.2015, Seite 13.
22) Uwe Westdörp: Kommentar »Öl ins Feuer des Ukraine-Konflikts« in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 29.01.2015
23) »Ukraine-Krieg: John McCain wirft Merkel Appeasement-Politik vor«
http://info.kopp-verlag.de/
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …