Im Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung erklärt die Bundesregierung mehrfach, dass wir die anlasslose Vollprotokollierung unseres Kommunikationsverhaltens zur Aufklärung schwerer Straftaten und zur Gefahrenabwehr brauchen. Konkret sind das Formulierungen wie diese:
Bei der Aufklärung schwerer Straftaten und bei der Gefahrenabwehr sind Verkehrsdaten ein wichtiges Hilfsmittel für die staatlichen Behörden. […] Dies führt zu Lücken bei der Strafverfolgung und bei der Gefahrenabwehr und kann im Einzelfall dazu führen, dass strafrechtliche Ermittlungen ohne Erfolg bleiben, weil weitere Ermittlungsansätze nicht vorhanden sind. […] Es wird eine Regelung zur zeitlich befristeten Speicherung von Verkehrsdaten zur Strafverfolgungsvorsorge und zur Gefahrenabwehr geschaffen. […]
In der Bundespressekonferenz wurde die Bundesregierung heute gefragt, welchen Beitrag denn die Vorratsdatenspeicherung in der Vergangenheit zur Gefahrenabwehr geleistet habe. Hier ist ein Ausschnitt:
Frage: „Welche Gefahren sind denn in der Vergangenheit durch Vorratsdatenspeicherung abgewehrt worden?“
Piotr Malachowski (BMJV): „Da kann ich Ihnen leider jetzt keine konkreten Beispiele nennen, tut mir leid. “
Frage: „Warum schreiben Sie das ins Gesetz?“
Piotr Malachowski: „Ich hab jetzt hier Ad-hoc keine Gefahren, die ich Ihnen präsentieren kann, die dadurch abgewendet oder nicht abgewendet wurden. Aber es ist sicherlich ein nützliches Instrument zurStrafverfolgung und Gefahrenabwehr„.
Justizministerium ist seit einem Monat nicht in der Lage, konkrete Notwendigkeiten und Beweise vorzulegen
Das Justizministerium konnte auch dem Bundestag nicht erklären, in welchen konkreten Einzelfällen die fehlende Vorratsdatenspeicherung nicht zur Aufklärung von Straftaten beitragen konnte. Nun ist sie nicht in der Lage, bei dem zweiten Punkt der Gefahrenabwehr konkret was zu benennen. Vergangene Woche hatten wir anhand einer gerne verwendeten Beispiel-Operation zur Bekämpfung von Kinderpornographie gezeigt,dass eine Vorratsdatenspeicherung dabei nicht das wichtigste Element war und vor allem zur Aufklärung wenig beigetragen hat. Bei der Präsentation des Gesetzentwurfs konnte unser Justizminister Heiko Maasbereits die Notwendigkeit nicht erklären. Einen Monat später ist sein Ministerium immer noch nicht dazu in der Lage. Da stimmt doch was nicht!
Grundrechtseingriffe müssen aber nicht nur verhältnismäßig sein, sondern auch notwendig. Warum kann die Bundesregierung die Notwendigkeit nicht beweisen? Trotzdem will man sie einführen, damit die ganze Bevölkerung unter Generalverdacht stellen und die Unschuldsvermutung aufheben.
Insgesamt acht Minuten Rumeiern der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung und dem darin versteckten neuen Paragrafen zur Datenhehlerei findet man in diesem Video:
Das schließt ein wenig an Bundeskanzlerin Angela Merkel an, die auf dem evangelischen Kirchentag auch eher auf der Gefühlslage als mit Argumenten die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung begründete:
„Und ich glaube oder ich stehe hinter diesem Gesetzgebungsvorhaben, weil wir uns einfach die Möglichkeit offen halten müssen, wenn etwas Dramatisches passiert, und dass wir dann auch handeln können, und ich würde mich sicherer fühlen, wenn wir ein solches Gesetz haben.“
Morgen wollen die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD darüber abstimmen, dass Freitag der Gesetzentwurf zur ersten Lesung in den Bundestag kommen soll. Jetzt ist noch Zeit, aktiv zu werden.