
Demo von LKW-Fahrern am 5. September in Calais.Foto: PHILIPPE HUGUEN/AFP/Getty Images
Das Team der „Mail on Sunday“ ist froh, dass es lebend aus der Situation herauskam: Ihr Auto wurde Freitag Nacht von einem 38-Tonner mitgerissen und zerdrückt, als sie auf den Eurotunnel in Calais zufuhren. Migranten hatten einen Baumstamm gegen das Auto der Reporter geschleudert und sie damit zu einem plötzlichen Ausweichmanöver gezwungen. Der nachfolgende LKW konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr auf ihren Wagen auf. Das Auto wurde 50 Meter mitgeschleift, bevor es zum stehen kam.
Drei Reporter verletzt
Das Team war in Calais, um die eskalierende Gewalt gegen LKW- und Autofahrer zu dokumentieren – und erlebte sie am eigenen Leib. Als die drei Reporter im Krankenhaus und bei der Polizei waren, hörten sie, dass diese Attacken längst Alltag seien. Migranten versuchen mittlerweile mit allen Mitteln, Unfälle herbeizuführen, um sich im entstehenden Stau auf LKWs nach Großbritannien zu schleichen. „Kraftfahrer angreifen und damit Unfälle verursachen ist die neueste Taktik“, sagte Quentin Patte, Notarzt am Hospital von Calais.
Weil sich die Migranten untereinander ständig Messerstechereien liefern, mussten die verletzten Reporter außerdem warten, bis ihre teils tiefen Wunden genäht werden konnten. Von ihren blutüberströmten Gesichtern machten sieFOTOS. Ein weiterer Krankenhaus-Arzt kommentierte: „Sie [die Migranten] kommen täglich mit Stichwunden zu uns. Es gibt Rivalität, speziell zwischen den Afghanen und Sudanesen. [Ihre Behandlung hat] Vorrang, weil ihre Wunden so ernst sind.“
Betroffen von den Attacken auf Autos und LKWs sind laut französischen Behörden die Autobahn N216 zum Fährhafen und die A16 zum Eurotunnel.
„Da draußen ist Krieg“
„Migranten werfen Baumstämme, Äste und Einkaufswägen gegen heranfahrende Autos. Es ist sehr gefährlich“, so Jean-Marc Puissesseau, der Präsident des Hafens von Calais. Und ein Sanitäter sagte: „Das passiert jetzt die ganze Zeit. Da draußen ist Krieg.“
Betroffen von den Attacken auf Autos und LKWs sind laut französischen Behörden die Autobahn N216 zum Fährhafen und die A16 zum Eurotunnel.
Die Täter sind meist junge Männer aus Sudan, Äthiopien und Afghanistan, die im berüchtigten „Dschungel“ von Calais hausen, jenem illegalen Camp, dass in den vergangenen Monaten nach seiner Räumung wieder auf über 9.000 Personen anwuchs.
Jede Nacht liefern sich Trupps der französischen Bereitschaftspolizei Kämpfe mit gewalttätigen Migranten-Banden. Die Polizei beschießt sie mit Tränengas, um sie von den großen Verkehrsadern zu vertreiben.
Man habe mit rund 30 Blockaden pro Nacht zu tun, so die Polizei. Arbeiter räumen die ganze Nacht störende Gegenstände von den Autobahnen rund um Hafen und Eurotunnel.
„Sie haben Kettensägen“
Der Chef der regionalen Autobahnverwaltung Xavier Delebarre sagte: „Die Banden haben unter anderem Werkzeuge wie Kettensägen. Hinter ihren abgestimmten, gleichzeitigen Angriffen steckt eine Strategie.“ Seine Arbeiter fanden bereits mehrere Leichen von Migranten, die von Lastwagen überfahren wurden.
In Calais gibt es kurz vor dem Tunnel seit vergangenem Jahr einen über drei Kilometer langen Zaun, der mit britischen Steuergeldern errichtet wurde. Er sollte die Migranten daran hindern, auf die LKWs aufzuspringen, die vor dem Tunnel Schlange stehen. Dies konnte die Migranten jedoch nicht stoppen. Sie werden nun am Endpunkt des Zaunes aktiv – drei Kilometer vor dem Tunnel.
„Es könnte jeden treffen“
Derzeit ist in Calais die Rekordzahl von 1.900 französischen Polizisten im Einsatz. Der britische Politiker Keith Vaz, Vorsitzender des Ausschusses für innere Angelegenheiten, forderte bereits die Entsendung britischer Polizei zur Unterstützung der Franzosen: „Hier entwickelt sich ein Kriegsgebiet mit mutwilliger Gewalt gegen KFZ-Fahrer. Es ist völlig inakzeptabel, dass sich die Krise bis zu diesem Zustand zugespitzt hat.“
Mail-Reporter Ben Ellery schrieb, dass ihn am Tag nach dem Unfall beim Anblick seines zwerquetschten Autos schauderte: So eine Attacke könne in Calais jederzeit Touristen oder eine junge Familie treffen – und die nächsten haben möglicherweise weniger Glück als er. (rf)