Markus Gärtner
Die G30-Gruppe, in der aktuelle und ehemalige Notenbanker dominieren, schlägt Alarm: Selbst die heiß gelaufenen Notenpressen können einfach nicht die Weltwirtschaft ankurbeln. Es ist das offizielle Eingeständnis, dass die Architekten der größten Geldschwemme, die der Planet je gesehen hat, am Ende ihres Lateins sind.

Wir wissen, dass ihr geldpolitisches Hubschrauber-Mantra von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Trotzdem ist das Eingeständnis, das mit dieser Zentralbank-Beichte nun einhergeht, bemerkenswert:
Die G30 geben zu, dass sie die Preise für so ziemlich alles von Immobilien bis hin zu Rohstoff-Notierungen maßlos verteuert und Sparern wie Konsumenten immensen Schaden zugefügt haben, während die Weltwirtschaft die Krise seit 2008 zu keinem Zeitpunkt abschütteln konnte.
Im Gegenteil: Wir werden alle immer tiefer in die Schuldenfalle hineingezogen. Der eigentlich brisante Kern dieser G30-Botschaft ist jedoch der: Liebe Regierungen, Ihr müsst jetzt endlich in der Fiskalpolitik Euren Hintern bewegen, denn die Geldpolitik hat versagt.
Dass uns jetzt ausgerechnet die politische Kaste retten soll, ist blanke Ironie. Denn wie einfallslos und hilflos die Regierungen im Westen sind, das haben wir in den vergangenen Monaten im Falle Griechenlands und der Flüchtlingspolitik täglich vor Augen geführt bekommen.
Was die Flüchtlingspolitik angeht, liegt sogar der Verdacht nahe, dass sich die Regierung Merkel ein neues Volk zusammenstellen will, um das Gewebe unserer Gesellschaft aufzuweichen und sie für eine beschleunigte europäische Einigung gefügig zu machen .
Selbst systemtragende Nachrichtenagenturen wie Reuters melden daher, der Kavallerie (den Notenbanken) gehe jetzt die Munition aus. Bei sieben Billionen Dollar nach Beginn der fast biblischen Geldschöpfung aus dem Nichts hätten die Notenbanken keine Antwort und stellten sogar ein potenzielles Großrisiko für die Weltwirtschaft dar .
Wo wir nach dem Geldschöpfungs-Dschihad stehen, das kann man zu Wochenbeginn in der britischen Version der US-Finanzwebseite Business Insider nachlesen. Dort wird eine aktuelle Analyse von Goldman Sachs wiedergegeben, wonach wir derzeit in die dritte Phase der seit 2008 wogenden Finanzkrise eintreten.
Dieselben Investmentbanken, die Kleinanlegern stets zum Nachkauf überteuerter Aktien raten, signalisieren ihrer betuchten Kundschaft in Newslettern diese Version der weltwirtschaftlichen Realität: Mit der Implosion der Rohstoffpreise, dem Wechsel der ehemaligen Lokomotive China auf die konjunkturelle Standspur sowie anhaltend niedriger Inflation tritt das nicht enden wollende Finanzdesaster, das wir seit 2008 sehen, in die jüngste Phase ein.
Nach dem Bankenkollaps 2008 und der europäischen Schuldenkrise sanken die Zinsen gegen Null und ermunterten westliche Banken und institutionelle Großinvestoren, das im Westen billig ausgeliehene Geld zu höheren Zinsen an Kreditnehmer in den Schwellenländern zu verleihen.
Diese verschuldeten sich immens in Dollarbeträgen und sehen sich jetzt mit einem doppelköpfigen Monster konfrontiert, das den nächsten Crash auslösen kann: Die Gefahr steigender Zinsen und Schulden in Dollar, der so stark geworden ist, dass er die Kreditnehmer in den Schwellenländern schier erdrückt.
Denn die müssen dank ihrer schwachen Währungen immer mehr lokales Geld auftreiben, um die Dollar-Verbindlichkeiten abzutragen. In einer schwachen Weltwirtschaft ist das mehr als ein Kunststück, es ist das Rezept für das nächste Desaster .
Kein Wunder, dass der wirtschaftsfreundliche TV-Sender CNBC, eine Art Tongabel der jubelnden Wall-Street-Chöre, auf seiner Webseite einen schrillen Hilferuf absetzt: »Wer kann die Weltwirtschaft retten?« Die Problemanalyse von CNBC gipfelt in der Feststellung, dass jetzt »fast die Hälfte der Weltwirtschaft auf Kosten der anderen Hälfte lebt«.
Das klingt nach einem Hartz-IV-Szenario im Weltformat. Und das stimmt auch . Wie groß die Gefahr eines erneuten Crashs derzeit ist, wird auch am jüngsten Blogeintrag von Paul Craig Roberts deutlich, der an dieser Stelle regelmäßig seine Analysen publiziert.
Roberts schreibt bei Global Research , er würde von seinen Lesern gelegentlich gefragt, ob er nicht auch positive Nachrichten hätte. Seine Antwort:
»Nur wenn ich Euch anlüge, wie Eure Regierungen und die Mainstream-Medien das tun. Wenn Ihr gefakte gute Nachrichten wollt, müsst Ihr Euch in die Matrix zurückziehen. Im Austausch für weniger Stress und Sorgen werdet Ihr dann ohne Euer Wissen in den finanziellen Ruin und eine atomare Katastrophe geführt.«
Die Wirtschaftszahlen und Prognosen aus aller Welt belegen, dass wir in das gefährliche Fahrwasser von 2008 zurückgekehrt sind. Der britische Telegraph berichtet von der Abwärtskorrektur der IWF-Prognose. Der Währungsfonds hat gerade die Wachstumsvorhersage für die Weltwirtschaft im laufenden Jahr von 3,3 Prozent auf 3,1 Prozent reduziert. »Das ist die geringste Expansion seit 2009, als die Weltwirtschaft stehenblieb« .
Am stärksten auf die Stimmung drückt die maue Konjunktur in China. Auch dort ist die Stimmung so mies wie nach Ausbruch der Finanzkrise. Der Leitindex für die Einkaufsmanager der chinesischen Industrie ist auf den niedrigsten Stand in sechs Jahren geplumpst und liegt in einem Bereich, der eine Rezession signalisiert .
Ähnlich sieht es in Japan aus, der Nummer drei unter den führenden Volkswirtschaften. Nachdem die Exporte und der Industrieausstoß zum Erliegen kamen, fallen nun auch die Konsumenten auf den Bauch. Und das alles, obwohl Japans Notenbank die Mutter aller Geldfluten angezettelt hat.
Die Regierung von Shinzo Abe meldet zwar für den jüngsten Berichtsmonat eine Zunahme des privaten Konsums von 2,9 Prozent. Doch Reuters zitiert Einzelhändler in Nippon mit dem Hinweis, die privaten Ausgaben »sind zum Stillstand gekommen«. Der Finanzblog Zero Hedge erklärt»Abenomics«, die japanische Kamikaze-Version der Helikopter-Geldpolitik, daher für gescheitert.
Und hierzulande? In Deutschland erlebten die Ausfuhren im August mit minus 5,2 Prozent (zum Vormonat!) den schärfsten Einbruch seit dem Januar 2009. Schuld sind schwache Bestellungen aus den großen Schwellenmärkten. Der Einbruch im August ist eine drastische Schubumkehr vom Juli. Da wurde noch ein leichtes Plus von 2,2 Prozent gemessen.
Bei so vielen Kolbenfressern ist es keine Überraschung, dass auch an den Finanzmärkten die Turbulenzen wieder zunehmen. Im Sommer haben wir bereits rapide einbrechende Rohstoffpreise gesehen. Vom Börsendrama in China ganz zu schweigen. Und der Dax hat seit Anfang August zwölf Prozent eingebüßt. In einigen Schwellenländern verlieren die lokalen Währungen jetzt mit einem Tempo an Wert, das an die Asienkrise 1997 erinnert.
Der Rohstoffriese Glencore ist so schwer angeschlagen, dass seine Kreditgeber und Investoren laut Bloomberg 100 Milliarden Dollar in den Büchern haben, die der»Gorilla«, wie ihn die Nachrichtenagentur nennt, bedrohen kann. Demnach wird über weitere 50 Milliarden Dollar Kredite gesprochen. Daraus könnte durchaus derLehman-Moment des Jahres 2015 entstehen.
Der ehemalige Budgetdirektor von Ronald Reagan, David Stockman, weist vorsorglich auf das »Beben im Ramschland« hin. In einzelnen Branchen wie den vom Verfall der Rohstoffe betroffenen Minengesellschaften erreichen die Ausfallraten auf Ramschanleihen jetzt schon wieder Raten wie sie zuletzt 2009 gesehen wurden. Hier signalisiert ein verlässliches Frühwarnsystem erste Vorbeben des nächsten Desasters .
Copyright © 2015 Das Copyright dieser Seite liegt, wenn nicht anders vermerkt, beim Kopp Verlag, RottenburgBildnachweis: ariadna de raadt / Shutterstock
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Meinung des Verlags oder die Meinung anderer Autoren dieser Seiten wiedergeben.
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/wirtschaft-und-finanzen/markus-gaertner/hartz-iv-fuer-die-weltwirtschaft.html
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …