Das war Europas Gipfel der Blamage

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Der Inhalt des Gesprächs zwischen dem britischen Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel ist unbekannt – die Mienen aber sprechen Bände

© dpa Der Inhalt des Gesprächs zwischen dem britischen Premier David Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel ist unbekannt – die Mienen aber sprechen Bände

Sie hatten sich viel vorgenommen: Die EU-Regierungschefs wollten die Außengrenze besser schützen, mehr Flüchtlinge verteilen und David Cameron bei der Stange halten. Doch nichts davon ist gelungen.

Neue Arbeitsaufträge, blumige Absichtserklärungen und verschobene Entscheidungen – das war der Gipfel der Blamage. Das zweitägige Treffen der EU-Staats- und -Regierungschefs in Brüssel hat keine einzige weitreichende Entscheidung hervorgebracht. Dabei wären gerade in der Flüchtlingskrise handfeste Ergebnisse nötig gewesen – 4000 Flüchtlinge kommen immer noch täglich aus der Türkei nach Griechenland. Statt zu handeln, geißelte die EU sich selbst. In der Abschlusserklärung des Gipfels heißt es: „Die EU-Regierungen haben in den vergangenen Monaten eine Strategie entwickelt, um die unerwarteten Flüchtlingsströme zu bewältigen. Die Umsetzung ist jedoch unzureichend und muss weiter beschleunigt werden.“ Diese Themen hatten die „Chefs“ auf dem Tisch:

EU-Grenzschutz

Die EU-Kommission hatte weitreichende Vorschläge gemacht, wie die löchrigen Außengrenzen besser geschützt werden können: Die Grenzschutzagentur Frontex soll zu einem europäischen Grenz- und Küstenschutz umgewandelt werden. Im Notfall sollen 1500 multinationale Grenzschützer die Außengrenzen der EU sichern – auch gegen den Willen des jeweiligen Landes. Viele Staaten, wie Polen, Ungarn und Griechenland, waren auf dem Gipfel gegen den Vorschlag. Sie fürchten Eingriffe in die nationale Souveränität. Die Regierungschefs taten das, was Politiker gerne tun in solchen Situationen: Sie einigten sich darauf, dass sie sich innerhalb von sechs Monaten einigen wollen.

Fazit: Vertane Chance. Die miserable Sicherung der EU-Außengrenzen vor allem durch Griechenland hält an, es werden weiterhin Hunderttausende Flüchtlinge ungehindert in die EU kommen.

Milliarden-Hilfen für die Türkei

Die Türkei soll zunächst drei Milliarden Euro an Flüchtlingshilfen erhalten: Eine Milliarde Euro gibt die Brüsseler EU-Kommission, zwei Milliarden Euro müssen die Mitgliedsländer aufbringen. Im Gegenzug hat Ankara versprochen, die Grenzen nach Griechenland besser zu schützen und so den Flüchtlingsstrom zu reduzieren. Seit Wochen streiten die EU-Länder nun, wer wie viel einzahlt. Belgien und Zypern wollten zunächst gar nichts zuschießen. Der Streit schwelt weiter. Kanzlerin Angela Merkel sagte achselzuckend: „Nach meinem Kenntnisstand werden sich alle EU-Staaten beteiligen.“

Fazit: Die EU-Länder wollen zwar die Türkei als Bollwerk gegen Flüchtlinge benutzen, sie tun sich aber schwer mit Gegenleistungen, die die Lage der Flüchtlinge in der Türkei deutlich verbessern würden. Dabei wird Ankara sicherlich schon bald weitere Milliarden fordern.

Umsiedlung von Flüchtlingen

Acht Länder, darunter Deutschland, haben sich bisher bereit erklärt, der Türkei im Rahmen von sogenannten Umsiedlungen etwa 40.000 bis 50.000 Flüchtlinge direkt abzunehmen, um Ankara zu entlasten. Laut Merkel sollen sich möglichst alle Mitgliedsländer beteiligen. Doch davon kann nicht die Rede sein, die meisten Länder ducken sich weg. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann droht jetzt damit, die EU-Beiträge seines Landes zu kürzen. Damit will er jene EU-Mitglieder bestrafen, die mehr finanzielle Hilfen aus Europa beziehen, als dass sie Geld einbezahlen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte zum Vorstoß aus Wien: „Ich mag solche Drohungen nicht.“

Fazit: Die EU ist weiterhin tief gespalten über die Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge. Daran hat dieser Gipfel nichts geändert: Länder wie Deutschland und Österreich müssen weiter die Hauptlast tragen. Juncker enttäuscht: „Ich mache mir da keine Illusionen.“

Anti-Terror-Kampf

Die Bürger in Europa haben Angst vor neuen Terroranschlägen. Großbritanniens Premierminister David Cameron: „Ein Anschlag wie in Paris kann jederzeit und überall passieren.“ Die EU lobt sich selbst im Abschlussdokument noch einmal für ihren „kompromisslosen Kampf gegen Terrorismus“. Es gibt viele Vorhaben, aber keine konkreten Beschlüsse. Lediglich über das bedeutende Abkommen zur Fluggastdatenspeicherung soll demnächst abgestimmt werden.

Fazit: Der Informationsaustausch zwischen den Datenbanken ist immer noch unzureichend, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Ermittlungsbehörden muss verbessert werden.

Das britische EU-Referendum

Nach Euro- und Flüchtlingskrise wäre ein Austritt der Briten aus der EU ein weiteres Problem, auf das die Union derzeit verzichten könnte. Der Gipfel in Brüssel war der erste, auf dem „Brexit

“ – der britische EU-Ausstieg – offiziell auf der Tagesordnung stand. Premier David Cameron stellte im November seinen Forderungskatalog vor. Bekommt er die Reformen, die er sich vorstellt, will er zu Hause für einen Verbleib im Klub werben. Das Referendum muss bis Ende 2017 stattfinden.

Doch Londons Reformwünsche haben es in sich, und obwohl die 27 EU-Partner Cameron generell Entgegenkommen signalisierten, liegt der Teufel im Detail. Besonders die britische Idee, in Großbritannien arbeitende EU-Ausländer von Sozialleistungen auszuschließen, stößt nicht nur bei den Osteuropäern auf ein kategorisches Nein. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel machte in Brüssel klar, dass weder das Prinzip der Nichtdiskriminierung noch das der Freizügigkeit angerührt werden dürften.

Angesichts des starken Anti-EU-Lagers in Camerons Heimat müssen die anderen EU-Staaten dem Konservativen aber etwas geben, damit er zu Hause für einen Verbleib werben kann. Die Rechtsexperten der EU-Kommission müssen sich nun bis zum nächsten Treffen Mitte Februar den Kopf zerbrechen, was sie den Briten geben können – und dieses Angebot darf weder gegen EU-Prinzipien verstoßen noch eine Vertragsänderung erforderlich machen, die wiederum Referenden in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden nötig macht. So viel ist sicher: Eine Volksabstimmung will angesichts der Krisenlage kein Regierungschef bestehen müssen.

Fazit: Wiedervorlage Mitte Februar. Die EU-Staaten werden Cameron entgegenkommen. Die ganz harte Nuss Ausschluss von Sozialleistungen wird er aber nicht knacken. Die entscheidende Frage wird dann sein, ob er die Reformgeschenke zu Hause überzeugend verkaufen kann.

Quelle: Aus einer Netzpost

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