Mehr Gefangene als bisher bekannt, weniger Nutzen als bisher behauptet: Die CIA soll die USA mit der Behauptung betrogen haben, Folter-Verhörmethoden hätten Leben gerettet. Präsident Obama kritisiert die Behörde scharf.
BERICHT ÜBER US-FOLTERMETHODENUS-Folter: Waterboarding, Besenstiele, Scheinexekutionen
Berlin, WashingtonNach heftigen Kontroversen ist in den USA der bisher umfassendste Bericht über umstrittene CIA-Verhörmethoden nach den Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlicht worden. „Der heute veröffentlichte Bericht untersucht die geheime Inhaftierung von mindestens 119 Individuen durch die CIA im Ausland und den Einsatz von Zwangs-Verhörtechniken, die in einigen Fällen auf Folter hinausliefen“, sagte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein. Der Bericht führt unter anderem aus, wie CIA-Agenten beim sogenannten Waterboarding Terrorverdächtigen das Gefühl des Ertrinkens gaben. Ein Verdächtiger sei anschließend „nicht ansprechbar“ gewesen, während „Blasen in seinem offenen, gefüllten Mund aufstiegen“.
Der sogenannte Folterbericht bestätigte, dass der US-Geheimdienst Terrorverdächtige quälte, um Informationen von ihnen zu erhalten. Es seien mehr Gefangene in geheimen CIA-Gefängnissen festgehalten worden als bisher bekannt. Auch hätten mehr als die von der CIA zugegebenen drei Fälle des umstrittenen „Waterboardings“ stattgefunden.
Die Verhörmethoden unter der damaligen Regierung von Präsident George W. Bush seien aber unwirksam gewesen und über das hinausgegangen, was das Weiße Haus genehmigt habe. Die CIA habe sowohl das Weiße Haus als auch den Kongress über das Ausmaß der Misshandlungen in die Irre geführt.
In einer Stellungnahme zum Senatsreport weist die CIA laut der New York Times die Vorwürfe zurück. „Es hätte einer langjährigen umfassenden Verschwörung unter CIA-Vorgesetzten aller Ebenen bedurft“, um die Regierung andauernd und bewusst täuschen zu können.
Aus Furcht vor Unruhen oder gar Anschlägen nach der Veröffentlichung waren verstärkte Schutzmaßnahmen für Militäreinrichtungen und Botschaften im Ausland verfügt worden. US-Präsident Barack Obama hatte es befürwortet, die Ermittlungsergebnisse publik zu machen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung verurteilte er die „verschärften Verhörmethoden“ der CIA.
Scharfe Kritik aus Deutschland – auch an Steinmeier
Die beschriebenen Techniken seien „beunruhigend“. Das Vorgehen im Zuge des Anti-Terror-Kampfes entspreche nicht den Werten der USA und habe dem Ansehen des Landes in der Welt geschadet. Sie hätten auch nicht der nationalen Sicherheit gedient. Er werde als Präsident alles tun, „dass wir nie mehr auf diese Methoden zurückgreifen“, betonte Obama in einer schriftlichen Erklärung unmittelbar nach Bekanntwerden des Berichts am Dienstag.
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aufgefordert zu dem US-Bericht über die Misshandlungen von Terrorverdächtigen Stellung beziehen. Steinmeier war in der Zeit nach den Anschlägen vom 11. September 2001, als der US-Geheimdienst Gefangene folterte, als Kanzleramtschef zuständig für die Koordinierung der deutschen Geheimdienste.
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„Unter dem Blickwinkel dieses Reports stellt sich sehr wohl die Frage, wie weit deutsche Geheimdienste involviert waren. Wir reden hier immerhin in über potenzielle Beihilfe zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen“, sagte Riexinger dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Vor allem Frank-Walter Steinmeier muss auspacken.“ Er habe die meiste Zeit die politische Verantwortung für die Aufsicht über die Geheimdienste getragen. Zudem müsse die deutsch-amerikanische Geheimdienstkooperation „sehr grundsätzlich auf den Prüfstand“, sagte der Linkenchef weiter. „Ich sehe keine Basis für eine Zusammenarbeit mit Folterern.“
Den Folterreport des US-Senats nannte Riexinger ein erschütterndes Dokument. „Abgründe tun sich auf. Das ist eine Schande für die USA“, sagte er.